Aus „Florian Trostberg eins“ wird „Florian Trostberg drei“: Hans Strecker prägt seit 40 Jahren die Geschicke der Feuerwehr

12.07.2016

„Es ist schon eine große Verantwortung“
 Aus „Florian Trostberg eins“ wird „Florian Trostberg drei“: Hans Strecker prägt seit 40 Jahren die Geschicke der Feuerwehr
 
Von Lucia Frei 
Trostberg. Das rote Dienstbuch der Freiwilligen Feuerwehr hat Hans Strecker vor knapp 40 Jahren, am 22. Juli 1976, zum ersten Mal in Händen gehalten. Damals hatte es noch viele leere Seiten. Heute sind sie voll. Darauf verzeichnet sind Lehrgänge an den Staatlichen Feuerwehrschulen Regensburg, Würzburg und Geretsried und viele andere Lehrgänge und Ausbildungsveranstaltungen. Strecker war zwölf Jahre lang Erster Kommandant der Stützpunkt-Feuerwehr Trostberg. In dieser Zeit wurden 1955 Einsätze gefahren – der Großteil unter der Leitung von Strecker. Nebenbei war er auch acht Jahre Kreisbrandmeister. Im Herbst vergangenen Jahres hatte er sich nicht mehr zur Wahl gestellt.

„Ich wollte es einfach ein bisschen ruhiger haben. Noch einmal sechs Jahre als Erster Kommandant, das wäre mir zu viel gewesen“, sagt der Mann, der zwölf Jahre lang den Funkrufnamen „Florian Trostberg eins“ trug. Jetzt meldet er sich mit „Florian Trostberg drei“, denn als einer der vier Zugführer ist er immer noch dabei. Ganz ohne Feuerwehr – das wäre nichts für den 53-Jährigen.

Von Ruhe kann bei der aktiven Mannschaft der Trostberger Wehr ohnehin keine Rede sein. Zu 150 bis 200 Einsätzen rücken die Einsatzkräfte pro Jahr aus. Jede zweiten Donnerstag ist Hauptübung; dazwischen trainieren die einzelnen Fachgruppen wie Maschinisten oder Atemschutzträger. 175 Ausbildungsveranstaltungen wurden Anfang dieses Jahres in den Terminkalender der Trostberger Feuerwehr eingetragen. „Und am Ende sind es dann sicher noch mehr“, sagt Hans-Peter Heimbach, der im Herbst zu Streckers Nachfolger gewählt wurde. Zweiter Kommandant ist seitdem Florian Zimmermann, der Herbert Baumgartner abgelöst hat.
 
Vormarkt-Feuer und Offlinger Doppelbrand
Hans Strecker tut sich nicht leicht, einen Einsatz zu nennen, der sich in sein Gedächtnis eingebrannt hat. „Es waren so viele.“ Spektakulär war natürlich der BayWa-Brand 1992; damals war Strecker noch Gruppenführer. Als Zweiter Kommandant leitete er den Löscheinsatz im damaligen Stockhammer-Haus am Vormarkt. „Das war schon ein großer Brand“, erinnert sich Strecker. Auch ein Einsatz in Offling in der Gemeinde Altenmarkt fällt ihm ein: „Als wir alarmiert wurden, hieß es, ein Bauernhof brennt. Als wir dann unterwegs waren, brannte auch der Bauernhof daneben.“

„Wir waren auch bei so vielen tragischen Unfällen“, sagt der 53-Jährige. In der früheren gefährlichen Möglinger Kurve hatten sich zahlreiche schwere Unfälle ereignet. Strecker will die tragischen Momente aber gar nicht groß ausbreiten. Nach schweren Einsätzen werde mit der Mannschaft darüber geredet, „und wenn wir merken, das reicht nicht, können wir auch Hilfe vom Helfer-Interventionsteam des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein anfordern.“

Angst, dass er einem Einsatz einmal nicht gerecht werden könnte, hat der 53-Jährige nicht. „Nach 40 Jahren bei der Feuerwehr hat man schon genug Einsatzerfahrung. Da hat man fast schon alles mitgemacht“, meint der Leiter von fast 2000 Einsätzen.

Ein ganz besonderer Einsatzort war 2006 das Klinikum rechts der Isar in München. „Wir wurden an den sechs Spieltagen der Fußball-Weltmeisterschaft in München zur Sicherheitsabstellung für die Gefahrenabwehr mit zwei Fahrzeugen dort angefordert“, erzählt der Trostberger. Auch die Brandwache in der Zeltstadt für DDR-Flüchtlinge in Trostberg war eine Besonderheit in der Geschichte der Feuerwehr.

Hans Strecker hatte schon als kleiner Bub gewusst, dass er einmal zur Feuerwehr gehen würde. Sein Vater war Maschinist bei der Trostberger Wehr. „Damals hatten wir in Trostberg noch drei Feuerwehrhäuser; in Schedling, bei den Haringer-Garagen und in der Schwarzau. Das war schon manchmal ungünstig.“ Der Umzug in die große Feuerwache an der Tittmoninger Straße 1986 war ein Meilenstein für die Trostberger Wehr. Die Stützpunkt-Feuerwehr verfügt seitdem nicht nur über ein zentrales Gerätehaus im Stadtgebiet, sondern auch über einen große Fuhrpark mit zehn Einsatzfahrzeugen für Technische Hilfeleistung und Brandschutz. „Wir haben schon einige Fahrzeuge altersbedingt ausgetauscht und sind immer noch dabei“, so Strecker.
 
Schon der Vater war Maschinist
Seine berufliche Ausbildung hatte Strecker als Schlosser bei der Firma Kettenberger absolviert. Kurz darauf nahm er eine Stellung bei der Kläranlage der Stadt an. Dort ist er seit vielen Jahren als Abwasser-Meister Leiter der Anlage.

„Als ich bei der Feuerwehr angefangen habe, war ich zusätzlich noch bei der Wasserwacht und beim Fußball. Damit habe ich aber relativ schnell aufgehört. Das wäre zeitlich nicht gegangen“, erzählt Strecker und blättert in seinem Dienstbuch, in dem all die Lehrgänge des Feuerwehrmannes verzeichnet sind. Erst kam die Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger. „Dann war ich lange Maschinist.“ Heimbach erzählt, dass er Jahre lang bei Strecker im Fahrzeug mitgefahren ist. 1997 wurden dann beide als Zugführer eingesetzt. Der Zugführer-Lehrgang, den Strecker an der Staatlichen Feuerwehrschule in Regensburg absolvierte, dauerte zwei Wochen. Am 1. Januar 1999 wurde Strecker Zweiter Kommandant der Trostberger Feuerwehr. Und seit 2003 stand er als ausgebildeter Führer von Zügen und Verbänden an der Spitze der 80 Mann starken Truppe. Acht Jahre lang, von 2000 bis 2008, war der Trostberger auch Kreisbrandmeister. „Das ist mir dann aber zu viel geworden“, räumt er ein.

Schließlich gehört zu den Aufgaben eines Kommandanten noch viel mehr, als Einsätze zu leiten und Übungen zu koordinieren. Nach jedem Einsatz muss ein Bericht verfasst werden. Damit ist es aber noch nicht getan. „Hin und wieder kommen auch Einsprüche von Versicherungen. Dann müssen wir begründen, warum wir beispielsweise für das Beseitigen einer Ölspur auf der Bundesstraße drei Fahrzeuge eingesetzt haben oder warum bei einem Einsatz, bei dem Salpetersäure zu bekämpfen war, zwei Stiefel zerstört wurden.“ Strecker schüttelt den Kopf. All diese zeitaufwändigen Mails bearbeitete er immer am Sonntagvormittag. „Das war meine Feuerwehr-Büro-Zeit.“

Auch der Kontakt und die Beratung der örtlichen Firmen laufen hinter den Kulissen ab. „Die Einsatzpläne der Firmen ändern sich immer wieder. Wir müssen natürlich immer auf dem neuesten Stand sein“, erklärt Strecker, der zum Beispiel auch bei der Planung des Neubaus des Edeka-Zentrallagers eingebunden war.
 
Zwischen Vorschriften und Kameradschaft
„Es ist schon eine große Verantwortung“, sagt Strecker über das Amt des Ersten Kommandanten. Aber nicht nur die Führungskräfte, sondern die komplette Mannschaft der Trostberger Feuerwehr sei sehr gut ausgebildet. 80 Aktive und etwa 20 Mitglieder der Jugendfeuerwehr leitet der Kommandant in Trostberg. „Da sind ganz unterschiedliche Charaktere zwischen 16 und 63 Jahren dabei. Diese Mannschaft muss man zusammenhalten.“ Als Kommandant müsse man den Spagat zwischen Kameradschaft und Dienstvorschrift beherrschen. „Man kann es nie jedem Recht machen, die Truppe soll aber trotzdem harmonieren“, sagt der 53-Jährige.

Er sei immer bemüht, alle gleich zu behandeln, stellt Strecker klar. Er wirkt nicht betont autoritär, wird aber von allen respektiert; er ist sachlich, konzentriert und verlässlich. „Wir sind froh, dass er zugesagt hat, weiterhin als Zugführer dabei zu bleiben“, betont Heimbach. Auch er als neuer Kommandant profitiere von der großen Erfahrung von Hans Strecker, der ihm auch in bürokratischen Dingen weiterhin helfend zur Seite steht.

Heimbachs Handy klingelt zum wiederholten Mal. Er checkt den Anruf und drückt ihn kurz weg. „In der einen Stunde, in der wir uns hier unterhalten haben, sind drei Anrufe, zwei E-Mails und eine WhatsApp-Nachricht, die alle die Feuerwehr betreffen, eingegangen“, erklärt der jetzige Erste Kommandant, der einen Betrieb für Sanitär und Heizung und eine Spenglerei in Trostberg mit 15 Mitarbeitern leitet. Hans Strecker lacht. „Bei mir ist es jetzt dafür ein bisschen ruhiger.“ Was er in der gewonnen Freizeit mache? „Jetzt habe ich auch mal Zeit für Dinge, die vorher eher untergegangen sind“, sagt der Vater zweier Töchter (25 und 22). Seine Frau Herta habe ihn in der Frage, ob er sich noch einmal als Erster Kommandant zur Wahl stellen soll, nicht beeinflusst, betont der 53-Jährige. „Das war allein meine Entscheidung.“

Höchster möglicher Dienstgrad
Natürlich ist es Hans-Peter Heimbach und nicht Strecker selbst, der erwähnt, dass er den höchsten Dienstrang hat, den man in der Freiwilligen Feuerwehr erlangen kann: Strecker wurde noch in diesem Jahr zum Hauptbrandmeister befördert. Das dürfte wohl die letzte Beförderung in seinem roten Dienstbuch sein. Und erst kürzlich hat der Trostberger vom Kreisfeuerwehrverband das Goldene Ehrenkreuz überreicht bekommen. Überschwängliche Lobeshymnen sind sein Ding aber nicht. Dass er nun schon seit 40 Jahren rund um die Uhr bereit ist, sich für die Sicherheit und Rettung der Bürger einzusetzen, daran findet er nichts besonders. „Ich kenne es ja nicht anders“, meint er lapidar.

Quelle Artikel und Bilder: Trostberger Tagblatt, 2016